Kennst Du das, dass Du schon total gestresst ins Kinderwochenenende startest und Deine Akkus eigentlich schon total leer sind, bevor es überhaupt los geht?
Bei mir war es diese Woche so. Ich hatte eine anstrengende Woche hinter mir, die freitags mit einem Ganztagesvortrag endete, während meine Mama operiert wurde. Bei der OP ist alles gut gegangen und beim Vortrag auch, aber abends fielen mir gefühlt 1000 Steine von der Brust. Ich hatte das Gefühl, dass ich mir so richtig Erholung verdient hatte.
Hinzu kam, dass ich unter der Woche eine Art „meltdown“ gehabt hatte, der – was für mich untypisch ist – heulend unter der Dusche endete. Ich war an dem Abend wütend auf die Welt, sauer auf mich und zudem bestimmt, es in Zukunft anders zu machen.
Eigentlich war nichts Dramatisches passiert – eigentlich same shit, different day. Nur war ich vermutlich aufgrund der anstehenden OP meiner Mutter etwas „emotionaler“ unterwegs, so dass ich am Ende des Tages nur genervt war. Ich hatte das Gefühl, dass alle mit ihren Problemen zu mir kommen, ich sie lösen darf und trotzdem die Prügel abbekomme. Ich weiß, dass das natürlich sehr aus einer Opferrolle heraus gesagt ist, aber so fühlte ich mich nun mal. Auch bestärkte dies meine Theorie, die übrigens keinerlei psychologischen Grundlagen entspricht, dass es zwei Arten von Menschen gibt: Die einen, die ihren Shit together haben und die anderen, die das halt nicht haben. Und letztere kreieren Drama, haben Probleme und bedienen sich derer, die ihnen dabei helfen, das aufzulösen – also der Menschen, die ihren Shit zusammen haben.
Ich gehöre natürlich zu den Leuten, die ihren Scheiß zusammenhaben. Im Arbeitsleben wird das dadurch deutlich, dass ich einen Großteil meiner Arbeitszeit damit verbringe, Menschen zusammen zu bringen, Einzelne abzuholen, einzufangen, runterzuholen, Absprachen zwischen verschiedenen Parteien zu treffen, zu schlichten, Auffassungen zusammenzubringen und Streithähne zur Raison zu bringen, um Lösungen zu finden.
Meine eigenen Probleme löse ich irgendwie nebenher.
Und auch privat scheint es in vielen Bereichen nicht anders zu sein… Meist bin ich die Person, der „es egal ist“, die „es irgendwie möglich macht“, für die es kein Problem ist, den Termin umzuschmeißen oder tutti-kompletti umzuplanen, damit alle Interessen unter einen Hut kommen und alle zufrieden sind.
Hier auch direkt mal die spannende Frage, ob es vielleicht genau dieser Charakterzug ist, der mich hat wählen lassen, Bonusmama zu werden? Oder würde eine andere Konstellation meiner Werte und Verhaltensweisen perse Chaos und Drama im Patchworkzirkus bedeuten?
Denn gerade im Patchwork ist es – ja, Opferrolle – oft so, dass wir als Bonusmamas viel, viel geben, eigene Bedürfnisse zurückstecken und versuchen, allen Wünschen und Bedürfnissen der am Tisch sitzenden Personen gerecht zu werden. Und manchmal damit dann auch hinten runter fallen…
Aber welchen Vorteil hat meine tolle Theorie der „shit-together-Theorie“ für mich?
In dem Moment, wo ich erkenne, dass ich in der betrachteten Situation die Person bin, die ihren Shit together hat, sprich, das Drama oder das Chaos, das herrscht, nicht originär durch mich ausgelöst wird, habe ich die Möglichkeit zu wählen. Und ja, ich weiß auch, ob und wie ich auf ein Drama einer anderen Person reagiere, hat natürlich auch immer mit mir zu tu. Aber ich habe die Möglichkeit zu wählen: ich kann wählen, die Person zu sein, die „alle(s) rettet“ oder ich wähle, die Person zu sein, die sich liebevoll abgrenzt.
Oft wähle ich die erste Option. Mir geht es dabei nicht um ein Überlegenheitsgefühl, dass ich denke, ich wäre besser als die anderen (gut, vielleicht ein klitzeklitzekleines bisschen), sondern es geht mir darum, dass ich erkenne, welche „Gabe“ ich habe, die Situation zum Wohle aller aufzulösen oder zumindest zu verbessern. Der Gedanken, etwas Gutes zu tun, motiviert mich dann. Ich weiß nicht mehr, welcher Coach es gesagt hat, aber die höchste Form der Integrität ist es, anderen Menschen zu dienen.
An der anderen Option, mich liebevoll abzugrenzen, übe ich noch und sie ist mein größtes Lernfeld.
Wie dem auch sei: so stand ich Mittwoch abends wütend unter der Dusche und schwor mir mit einem Gefühl großer Rebellion jetzt „einen Scheiß auf die anderen zu geben, sondern nur noch auf mich zu achten.“
In den nachfolgenden Tagen relativierte sich der Wunsch schon ein wenig, aber ich spürte Freitag abends, dass ich kein Wochenende lang nur funktionieren konnte unter Missachtung meiner Bedürfnisse.
Der Samstag morgen begann in unserer Patchworkfamilie mit einem gemeinsamen Frühstück gegen 10 Uhr. Ich war schon seit halb 7 auf den Beinen gewesen, um meine Mutter nach ihrer Operation zur Nachuntersuchung zu fahren. Gott-sei-Dank war alles super gelaufen und an Optimalität nicht zu übertreffen. Ich war sehr, sehr dankbar.
Und obwohl ich auch sehr, sehr dankbar war, merkte ich, dass meine Akkus leer waren und ich auch durch positives Denken daran wenig ändern konnte. Ich grübelte noch beim Frühstück, wie wohl der Samstag aussehen würde? Marc musste gegen 13 Uhr mit Tommi 110 km zum Fussballspiel fahren. Ich wollte grundsätzlich mitfahren, aber mein eingeklemmter Ischiasnerv (noch so eine nervige Sache diese Woche…) meldete berechtigte Zweifel an, ob 2 x anderthalb Stunden fahren, die beste Option seien?
Alternativ könnte ich die Zeit zum Shoppen nutzen, „brauchte“ (also so dringend, wie Frauen Schuhe halt brauchen) ich doch dringend noch neue Winterstiefel.
Glücklicherweise nahm mir das Schicksal in Form von Tommis Fussballtrainer die Wahl ab: wegen zu vieler Absagen der Spieler wurde das Spiel in Summe abgesagt. Vielen lieben Dank, liebes Universum!
Der Tag war also gerettet. Ganz nach Marcs, Tommis und Anniks Gusto stand also dem Nichtstun nichts mehr im Wege, da es draußen in Strömen goss. Ich nutzte den Vormittag, um unseren Keller auszumisten und meine Weihnachtsdekoration rauszukramen. Nein, keine Sorge, es wird noch nicht weihnachtlich geschmückt; wohl aber winterlich – so, wie jeder gute Influencer es handhabt, der was auf sich hält. Ich freute mich über all die schönen Sachen und strich „Weihnachtsdeko kaufen“ von meiner imaginären To-Do-Liste.
Ich hatte Marc morgens schon mitgeteilt, dass ich überlegte, shoppen zu gehen.
Dies setzte ich dann auch gegen halb drei um, als Annika plötzlich mit einem Musik-Schulprojekt um die Ecke kam, dass bis Sonntag, 12 Uhr, zu erledigen war und von ihr und Marc in akribischer Kleinarbeit den restlichen Samstag sowie Sonntag erledigt wurde.
Ich fuhr ganz alleine mit lauter Musik Richtung Shopping Mall. Ich fühlte mich so frei und glücklich, wie schon lange nicht mehr. Man sollte übrigens mehr Zeit mit laut singen und tanzen verbringen – fällt mir in dem Zusammenhang wieder ein. In aller Ruhe probierte ich zig paar Schuhe an und genoss die Ruhe sowie die Tatsache, Zeit ohne Ende zu haben. Nach zwei lucky Buys, gönnte ich mir doch noch einen Abstecher in ein Dekorationsgeschäft und kaufte dort ein paar Lichterketten und sonstige Sachen, um das Zuhause noch gemütlicher zu machen.
Ich kehrte gegen 18 Uhr wieder zurück nach Hause und war so was von sen – Buddha wäre neidisch gewesen.
Marc hingegen wirkte ein wenig genervt/ gestresst und mühte sich mit dem Abendessen ab. Der Topf mit den Kartoffeln kochte über und er reagierte aus meiner Warte betrachtet sehr unentspannt. Ich entschied mich dafür, meine gute Laune nicht wieder herzugeben und diese Arena zu verlassen. Für das Gespräch stand ich nicht zur Verfügung. Lieber widmete ich mich dem Aufhängen von Leuchtdekoration im Wohnzimmer, als schlechte Vibes am Herd einzufangen.
Ich behielt meine gute Laune. Auch am kommenden Tag konnte ich ganz entspannt darüber hinwegsehen, dass das Wohnzimmer, das ja irgendwie mein einziger Aufenthaltsort in der Wohnung ist, der für mich vorgesehen ist, wenn die Kinder da sind, wieder von Annika okkupiert wurde, die ihr Musikprojekt zur Perfektion bringen musste.
Stattdessen widmete ich mich den nervigen Sachen, zu denen ich sonst auch keine Lust habe. Papierkram, ausmisten, aufräumen, etc. Dafür brauche ich übrigens auch keine Privatsphäre.
Annikas Projekt erlangte Fertigstellung gegen 16 Uhr und wurde dann auf Marcs Anweisung direkt hochgeladen bzw. dem Lehrer geschickt. O-Ton Annika um 16:24 Uhr: „Warum steht hier, Aufgabe überfällig seit 4:24 Stunden?“ Hm. Vermutlich hatte der Lehrer mit 12 Uhr wirklich 12 Uhr gemeint und nicht, wie von Annika fälschlicherweise angenommen, 24 Uhr.
Ich betrachtete das Ganze aus entspannter Distanz und hatte auch keinerlei Gefühle dazu. Wirklich keine. Kein Genervtsein, kein „das ist ja mal wieder typsisch“, rein gar nichts. Es war mir wirklich egal, denn ich war nicht in die Lösung des Problems involviert gewesen.
Ich hatte mich selber nicht dafür verantwortlich gemacht, den „shit“ anderer Leute zu erledigen. In dem Fall war es Marc, der diese Rolle übernommen hatte.
Ich beschloss, das öfter zu tun. Es lebt sich leichter, wenn man sich nicht als Person fühlt, die für alles und jeden Verantwortung übernimmt und alles retten muss.
Ganz ehrlich: Annikas Hausaufgabe war ganz allein ihr Projekt und in ihrer Verantwortung. Selbst Marc hätte da nichts dran feilen müssen. Daher hatte ich auch kein – was ich sonst schon mal habe – schlechtes Gewissen gegenüber Marc (die ein oder andere Bonusmama kennt es auch), dass ich ihn mit den Kindern(problemen) alleine gelassen habe. Denn er hätte genauso entscheiden können, dass er dafür nicht verantwortlich ist.
Daher kann ich Dir nur empfehlen, auch mal aus dem Hamsterrad, es immer allen recht zu machen und immer alles zu lösen, auszusteigen und die Beteiligten mal selber ihre Themen regeln zu lassen. Und was Du dabei tun solltest – wenn Du eh schon Zeit hast- Dich selber feiern, denn das machen wir oft viel zu wenig!
In diesem Sinne, liebe Grüße von der Couch
Wie ist es bei Dir? Kennst Du es, dass die Akkus bereits leer sind, bevor es mit dem Bonuskinder-Wochenende überhaupt los geht? Welche Verhaltensweisen, Rituale o.ä. hast Du Dir angeeignet, um das Wochenende gut zu überstehen? Hast Du vielleicht noch andere Tipps und Tricks auf Lager?
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Ich finde deine Perspektive erstaunlich unreflektiert.
Generell scheint sich in deinem Universum in erster Linie alles um dich zu drehen.
"Bonus-Mama", noch viel positiver kann man sich als neue Partnerin des Vaters ja nicht selbst bezeichnen. Du bist die Frau ihres Vaters, aber natürlich bist du auch ein "Bonus" für sie. Und nicht nur ein Bonus oder nur eine Mama (wie ihre Mama für sie ist), sondern eine Bonus-Mama. Die Wortwahl reicht eigentlich schon, aber die wenigen Texte die ich von dir gelesen habe zeigen wie krass selbstverherrlichend du bist. Die böse Mama der Kinder, aber ich gebe mir Mühe, bin sooo aufopfernd, ehrlich, und meine nix böse und habe keine Schuld, dass die Beziehung zwischen der Mutter der Kinde…
Sehr sehr gut deine Abgrenzung und es freut mich für dich!!!