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  • AutorenbildBonusmutter Jule

Über das Erben mit Stiefkindern

Aktualisiert: 18. März 2022



Hinweis: Dies ist keine rechtliche Beratung – ich berichte hier über meine selbst gemachten Erfahrungen im Bereich Erben und Stiefkinder.


Ich selber bin – auch wenn mir das nie so wirklich bewusst war – eigentlich auch in einer Patchworkfamilie aufgewachsen. Meine Eltern waren vor ihrer Heirat beide jeweils verheiratet gewesen und mein Papa hatte aus seiner ersten Ehe eine Tochter. Da diese bereits 20 Jahre alt war, als ich geboren war (ja, mein Papa ist einerseits sehr früh Vater geworden und andererseits sehr spät), gab es bei uns keine Umgangswochenenden o.ä. Meine (Halb-)schwester kam mit ihrem Mann alle 4-6 Wochen zu Besuch und ich freute mich immer darauf – besonders als ich ca. 13 Jahre alt war und immer ihre Klamotten, die sie nicht mehr tragen wollte, bekam, denn sie trug sehr coole Klamotten.


Viele Jahre hatte ich auch nie darüber nachgedacht, dass meine Mutter ihre Stiefmutter war und sie theoretisch mit ähnlichen Fragestellungen wie ich heute konfrontiert war. Über die Rolle meiner Mutter habe ich erst bewusster nachgedacht, als mein Papa gestorben ist. Mein Papa hatte kein Testament gemacht, so dass die gesetzliche Erbfolge galt.


Was bedeutet die gesetzliche Erbfolge?

Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers (§ 1924 Abs. 1 BGB). Dabei erben Kinder zu gleichen Teilen (§ 1924 Abs. 4 BGB). Die bedeutete schon mal, dass mein Bruder, meine Schwester und ich uns das Erbe zu gleichen Teilen teilten.


Was erbt der Ehegatte?

Dies ist geregelt in § 1931 Abs. 1 BGB:

Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen.


Danach stand meiner Mutter erst einmal ein Viertel des Erbes zu. Meine Eltern lebten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so dass noch ein Zugewinnausgleich vorzunehmen war. Dies ist geregelt in § 1371 Abs. 1 BGB:

Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, so wird der Ausgleich des Zugewinns dadurch verwirklicht, dass sich der gesetzliche Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft erhöht; hierbei ist unerheblich, ob die Ehegatten im einzelnen Falle einen Zugewinn erzielt haben.


Im Ergebnis erhielt meine Mutter damit die Hälfte des Erbes und die andere Hälfte des Erbes teilten sich mein Bruder, meine Halbschwester und ich (d.h. jedes der Kinder 1/6).

Ich erinnere mich noch, dass meine Mutter (und mein Bruder und ich übrigens auch nicht) es überhaupt nicht „tragisch“ fanden, dass es kein Testament gab, da es aus unserer Sicht absolut fair war, dass auch das Kind aus der ersten Ehe meines Papas im Rahmen des Erbes zum gleichen Teil etwas erhielt. Und so war es vermutlich am fairsten, da das Gesetz nicht unterschied, welche Familienverhältnisse vorherrschten.

Aufgrund der Tatsache, dass mein Vater teilweise in unterschiedliche Investments investiert hatte, die nicht sofort kündbar waren, beschlossen wir gemeinsam, die Erbengemeinschaft bestehen zu lassen und sobald ein Invest wirtschaftlich sinnvoll gekündigt werden konnte oder auslief, die Erlöse nach dem vorgenannten Schlüssel zu verteilen.


Der Besuch

Meine Halbschwester kam ca. 2 Jahre nach dem Tod unseres Papas mit ihrem Mann zu meiner Mutter zu Besuch. Dieser Besuch hatte im Nachhinein betrachtet vermutlich das Ziel, den Wert des Hauses zu beurteilen, da sie es bereits mehrere Jahre nicht mehr gesehen hatten. Kurze Zeit später erhielt meine Mutter dann Post von einem Anwalt, der die Erbauseinandersetzung forderte. Versuche meiner Mutter, meine Halbschwester telefonisch zu erreichen, wurden direkt mit erneuten Schreiben des Anwalts unterbunden – schließlich sei der Kontakt ausschließlich über ihn zu führen.


Wertermittlung des Hauses

Es kam, wie es kommen musste: der Wert des Hauses musste ermittelt werden. Um hier unnötige Gutachterkosten zu sparen, bietet es sich an, direkt den Gutachterausschuss des Kreises oder der Stadt mit einem Gutachten zu beauftragen, da dieser in Streitfällen eh stets schlichtet und zudem meist günstiger ist als andere Gutachter. Der gute Mann kam, sah sich das Gemäuer an und schätzte netterweise noch deutlich unter dem Verkehrswert, was wir als realistischen Wert für das Haus angesetzt hatten. Eine absolute Nullnummer für meine Schwester, die jetzt weniger herausbekam, noch zusätzliche Anwaltskosten hatte und von nun an zu ihren Geschwistern keinen Kontakt mehr hatte.


Wer hat sich schon Gedanken um das Erben und die Stiefkinder gemacht?

Eine Umfrage auf Instagram (@bonusmutter.de) hat ergeben, dass sich 69% bereits Gedanken zu dem Thema gemacht haben, jedoch nur 25% der Befragten tatsächlich auch ein Testament haben.

Ich gehöre seit kurzem auch dazu.


Erbrecht der Halbschwester/ des Halbbruders

Letztens starb der Bruder von Marcs bestem Freund und dieser Freund erbte dann, mangels Testaments, kraft gesetzlicher Erbfolge von seinem Bruder.

Hat der Verstorbene keinen Ehegatten oder gesetzliche Erben erster Ordnung (Kinder), hält das Gesetz Ausschau nach gesetzlichen Erben zweiter Ordnung. Diese sind die Eltern des Verstorbenen und deren Abkömmlinge (§ 1925 Abs. 1 BGB).

Dies bedeutet, dass bei mir – mangels eigener Kinder und Ehegatte – meine Eltern erben. Allerdings ist ja mein Vater bereits verstorben, so dass an die Stelle des bereits verstorbenen Elternteils dessen Kinder treten (§ 1925 Abs. 3 BGB). Hier gelten die nach den für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden Vorschriften. Übersetzt bedeutet dies, dass meine Mutter die Hälfte erbt und den hälftigen Anteil meines Vaters teilen sich mein Bruder und meine Halbschwester. Meine Schwester würde also ¼ meines Hab und Gutes erben. Bei diesem Gedanken wurde mir kurz schlecht und ich setzte mich kurze Zeit später hin, um ein Testament zu verfassen, um das liebe Schwesterlein zu enterben.


Der Pflichtteilsanspruch

Einen Pflichtteilsanspruch (= 50% des Wertes des gesetzlichen Erbteils) hat meine Halbschwester übrigens nicht, denn nur ein Abkömmling des Erblassers sowie die Eltern haben einen Anspruch darauf (§ 2303 BGB).


Erbrecht der Stief- und Bonuskinder

Ein gesetzliches Erbrecht der Bonuskinder oder sogar der Stiefkinder existiert nicht, so dass man, wenn man möchte, dass die Bonus- oder Stiefkinder etwas von dem eigenen Besitz erben, zwingend ein Testament verfassen sollte.

Steuerlich gesprochen sind Stiefkinder bei der Erbschaftsteuer begünstigt: Bei ihnen bleiben 400.000 € steuerfrei (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 2 ErbStG), während bei Bonuskindern nur 20.000 € steuerfrei gestellt werden (§ 16 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 15 Abs. 1 Steuerklasse III ErbStG).

Ähnliches gilt übrigens auch für den Partner: bei Verheirateten bleiben 500.000 € des Erbanfalls steuerfrei (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 15 Abs. 1 Steuerklasse I Nr. 1 ErbStG); bei nicht Verheirateten sind es nur 20.000 €.


Sorgen der Bonusmütter

Die Sorgen der Bonusmütter drehen sich jedoch meistens um die Frage, wie es weitergehen würde, wenn der Partner stirbt und das Bonuskind bspw. einen Anteil am gemeinsamen Haus erbt. Wie sich dies ermittelt, lässt sich anhand meiner leidvollen Erfahrung leicht ermitteln:


Das Haus, das vererbt wird, hat beispielsweise einen Verkehrswert von 360.000 €. Da in unserem Beispiel das Haus hälftig meinen Eltern gehörte, stellen nur 180.000 € Erbmasse dar. Davon entfiel die Hälfte auf meine Mutter, d.h. 90.000 € und die restlichen 90.000 € entfielen auf die 3 Kinder (jeweils 30.000 €).


Sofern die Kinder die sofortige Auszahlung des Betrages fordern, kann eine Bonusmutter hier schnell in Nöte geraten. Wenn die Kinder nicht die Auszahlung des Betrages fordern, hat man trotzdem von nun an mehrere Eigentümer eines Hauses. Auch hier gilt es Regelungen zu treffen, wie die Kosten zu verteilen sind und ob derjenige, der das Haus nutzt, Miete an die anderen Eigentümer zu zahlen hat.


Lebenslanges Wohnrecht

Eine Bonusmama berichtete mir, dass ein lebenslanges Wohnrecht zu ihren Gunsten für die gemeinsame Wohnung im Grundbuch eingetragen ist, so dass sie auch nach dem Ableben des Partners auf jeden Fall weiterhin in der Wohnung leben kann.


Ein eingetragenes Wohnrecht mindert den Verkehrswert der Immobilie (Quelle: Immonetzwerk). Hätte meine Mutter ein lebenslanges Wohnrecht im Grundbuch eingetragen gehabt, hätte sich nachfolgender Verkehrswert der Immobilie ergeben:


Angaben

Frau: 65 Jahre Immobilienwert: 360.000 € Kapitalzinssatz: 1 % Nettokaltmiete: 1.200 €

Ergebnis

Immobilienwert: 360.000 € Ermittlung des Werts des Wohnrechts: 245.367 € Wert der Immobilie 114.633 €


Die Eintragung eine Wohnrechts ins Grundbuch ist jedoch auch ein Wert, der zugewendet wird, so dass hier Schenkungssteuer anfallen kann (Quelle: www.vermietet.de ).


Interessant dürfte diese Variante daher nur für diejenigen sein, die verheiratet sind und über den hohen Freibetrag von 500.000 € verfügen. Auch sollte man beachten, dass nur die Übertragung von Wohneigentum bei der Erbschaftsteuer begünstigt ist und nicht die Einrichtung eines Wohnrechts (Quelle: www.impulse.de).


In solchen Fällen sollte man auf jeden Fall den Weg zum Rechtsanwalt und zum Steuerberater nicht scheuen, um hier optimal aufgestellt zu sein.


Testament schreiben

Grundsätzlich kann man aber jedem nur empfehlen, sich Gedanken zu dem Thema zu machen und ein Testament aufzusetzen. Denn auch wenn die Kinder enterbt werden, heißt es ja auch nicht zwingend, dass jedes Kind auf seinen Pflichtteilsanspruch klagt.


So hätten mein Bruder und ich sicherlich nicht unseren Pflichtteilsanspruch eingeklagt, wenn unser Vater meine Mutter zur Alleinerbin bestimmt hätte. Für meine Schwester kann ich nicht sprechen, aber selbst wenn sie es getan hätte, hätte sie so nur den hälftigen Wert ausgezahlt bekommen.


Aus eigener Erfahrung kann ich auch nur sagen, dass man sich frühzeitig darum kümmern sollte, denn es kann schneller kommen als einem lieb ist und glaubt mir, am Sterbebett möchte man nicht anfangen über das Erbe zu sprechen.


Wie ist es bei Euch? Habt Ihr Euch schon Gedanken zu dem Thema gemacht? Und habt Ihr ein Testament aufgesetzt? Wie habt Ihr es mit den Bonuskindern und eigenen Kindern geregelt? Habt Ihr vielleicht sogar vom leiblichen Elternteil die Enterbung des Bonuskindes gefordert? Ich bin gespannt auf Eure Erlebnisse, Erkenntnisse und Anekdoten und freue mich über Eure Kommentare, Emails oder Anrufe.


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