Über kein Thema gibt es vermutlich in Patchworkfamilien soviel Streit, Stress und Ärger wie über das Thema Unterhalt. Nachdem ich im letzten Artikel „Über die Finanzen – Was kostet ein Kind?“ zusammengestellt habe, was unsere Bonuskids so mit allen „Add-ons“ kosten, schaue ich mir heute an, wann überhaupt Kindesunterhalt zu zahlen ist, wie sich dieser ermittelt und welche Besonderheiten es gibt (das Thema Trennungsunterhalt oder nachehelicher Unterhalt an den geschiedenen Ehegatten wird explizit ausgeklammert). Auch hier wieder der Hinweis, dass es sich nicht um eine rechtliche Beratung handelt, sondern ich lediglich aus unserem Leben berichte.
Im dritten Teil des Specials wird es um Eure Erlebnisse gehen, was Ihr alles bereits „Kurioses“ im Bereich „Unterhalt“ erlebt hat und um die Emotionen rund ums Thema.
Die Unterhaltsverpflichtung
Relativ unspektakulär regelt § 601 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) die Unterhaltsverpflichtung der Eltern für ihr Kind:
„Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.“
Dies bedeutet übersetzt: Eltern für Kinder und Kinder für Eltern. Wer ältere Eltern hat, die bspw. im Pflegeheim leben, kennt es vielleicht, dass man für die Eltern Unterhalt zahlen muss. Wir schauen uns aber heute nur den ersten Fall an.
Die Eltern sind also verpflichtet, ihrem Kind Unterhalt zu gewähren. Das Gesetz geht im Trennungsfall davon aus, dass ein Elternkind das Kind betreut und versorgt (= sog. Natural- bzw. Betreuungsunterhalt) und der andere Elternteil die hierfür erforderlichen Geldmittel (= Barunterhalt) zur Verfügung zu stellen hat - § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB:
„Der Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, erfüllt seine Verpflichtung, zum Unterhalt des Kindes beizutragen, in der Regel durch die Pflege und die Erziehung des Kindes.“
Lebt oder leben das Bonuskind oder die Bonuskinder (wie bei uns) größtenteils bei Uschi, dann erbringt Uschi damit den Betreuungsunterhalt und ist darüber hinaus nicht mehr verpflichtet, Barunterhalt zu leisten.
Barunterhalt
Der Barunterhalt ist vom anderen Elternteil zu erbringen, sprich in unserem Fall Marc.
Die Art der Unterhaltsgewährung ist in § 1612 Abs. 1 BGB geregelt:
Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren.
Dabei ist die Geldrente monatlich im Voraus zu zahlen (§ 1612 Abs. 3 BGB).
Unser Modell, dass die Kinder bei ihrer Mutter leben und nur jedes zweite Wochenende beim Vater sind, wird als sog. Residenzmodell bezeichnet:
Als Residenzmodell (von lateinisch residere = sich niederlassen, wohnen) wird im Umgangsrecht die überwiegend praktizierte Regelung bezeichnet, gemäß der gemeinsame Kinder nach einer Trennung/Scheidung nur von einem Elternteil – im Allgemeinen der Mutter – betreut werden.
Quelle: Wikipedia
Wie ermittelt sich die Höhe des Barunterhalts?
§ 1610 BGB definiert den Maß des Unterhalts:
(1) Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen (angemessener Unterhalt).
(2) Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung.
Die Lebensstellung eines minderjährigen Kindes getrennt lebender, geschiedener oder nicht miteinander verheirateter Eltern wird grundsätzlich von beiden unterhaltspflichtigen Eltern abgeleitet (Bundesgerichtshof (BGH) vom 11.01.2017, Az. XII ZB 565/15, FamRZ 2017, 437). Der Unterhaltsbedarf eines Kindes ist ein einheitlicher und leitet sich grundsätzlich von beiden Elternteilen ab. Dies gilt auch beim sog. Residenzmodell. Denn auch ein im Residenzmodell betreutes Kind genießt, wenn der allein oder überwiegend betreuende Elternteil ebenfalls Einkommen erzielt, regelmäßig einen höheren Lebensstandard als bei einem alleinverdienenden Elternteil (vgl. Hau/Poseck in BeckOK/BGB, § 1610, Rz. 4).
Die Düsseldorfer Tabelle
Auch Menschen, die mit dem Thema Patchwork und Bonus- bzw. Stiefkinder nichts am Hut haben, haben den Begriff der „Düsseldorfer Tabelle“ bereits schon einmal gehört.
Die Düsseldorfer Tabelle (DT) dient als allgemeine Orientierungshilfe für die Unterhaltsberechtigung (vgl. BGH vom 19.07.2000, Az. XII ZR 161/98, FamRZ 2000, 1492). Sie soll der Gleichbehandlung der Unterhaltsgläubiger dienen. Die Tabellensätze entsprechen den durchschnittlichen Lebenshaltungskosten eines Kindes (Schüler).
Der monatliche Unterhaltsbedarf wird – bezogen auf zwei Unterhaltsberechtigte – ermittelt. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Gruppe angemessen sein (vgl. Anmerkung Nr. 1 zur DT zum 01.01.2021):
Quelle: www.olg-duesseldorf.nrw.de
Ich habe auf Instagram (@bonusmutter.de) eine Umfrage hinsichtlich der Höhe des zu zahlenden Unterhalts je Kind (!) gemacht:
Man erkennt hier deutlich, dass mehr als 50% der Befragten mtl. zwischen 200-400 Euro zahlen und gut ein Viertel der Befragten mehr als monatlich 500 € zahlt.
Für eine (kinderlose) Bonusmama (wie mich), die sich anfangs „unbeleckt“ dem Thema gewidmet hat, mag 300 Euro im ersten Schritt für das „monatliche Überleben eines Kindes“ nicht viel klingen. Allerdings muss man jedoch mehrere Aspekte berücksichtigen:
1. Ein Unterhaltsbetrag von 300 € ist in der Regel zu zahlen, wenn der Unterhaltsverpflichtete selbst ein Nettoeinkommen von 1.900 € hat. Dies sind dann immerhin 16% des Nettoeinkommens, das abzugeben ist.
2. Bei der Umfrage handelte es sich um den Zahlbetrag je Kind, d.h. hat ein Unterhaltsverpflichteter mehr als ein Kind, werden daraus schnell 600 € oder 900 € Unterhalt monatlich und der Unterhaltsverpflichtete wird selbst zum Mangelfall (Definition siehe unten).
3. Neben den Kosten für den Unterhalt hat der Unterhaltsverpflichtete an den Besuchs- bzw. Umgangswochenenden natürlich auch noch für das Kind zu sorgen. Zudem wird oft ein Kinderzimmer mit Möbeln, Spielzeug und Kleidung vorgehalten.
Wann kommt es zu einem Mangelfall?
Nach ständiger Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des BGH muss dem Unterhaltspflichtigen jedenfalls der Betrag verbleiben, der seinen eigenen Lebensbedarf nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen sicherstellt. Eine Unterhaltspflicht besteht also nicht, soweit der Unterhaltsschuldner infolge einer Unterhaltsleistung selbst sozialhilfebedürftig würde. Die finanzielle Leistungsfähigkeit endet spätestens dort, wo der Unterhaltspflichtige nicht mehr in der Lage ist, seine eigene Existenz zu sichern (vgl. BGH vom 15.03.2006, Az. XII ZR 30/04, FamRZ 2006, 683 sowie Dreizehnter Existenzminimumbericht der Bundesregierung BT-Drs. 19/22800)
Die Anmerkungen C. zur Düsseldorfer Tabelle definieren den Mangelfall wie folgt:
„Reicht das Einkommen zur Deckung des Bedarfs des Unterhaltspflichtigen und der gleichrangigen Unterhaltsberechtigten nicht aus (sog. Mangelfälle), ist die nach Abzug des notwendigen Eigenbedarfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse auf die Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen.“
Was ist der notwendige Eigenbedarf?
Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt) gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern beträgt beim nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 960 €, beim erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 1.160 €.
Hierin sind bis 430 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Der Selbstbehalt soll erhöht werden, wenn die Wohnkosten (Warmmiete) den ausgewiesenen Betrag überschreiten und nicht angemessen sind (vgl. Anmerkung 5 der Düsseldorfer Tabelle)
Die Münchner, Kölner oder Berliner Leser werden über diese Wohnkosten nur müde lachen können, denn gerade in Ballungsgebieten ist sicherlich der angesetzte Werte von 430 € für Unterkunft als sehr niedrig anzusehen. Die Randziffer 21.5.2 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland, OLGe Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken (im Weiteren: Unterhaltsrechtliche Leitlinien) führt dazu folgendes aus:
Wird konkret eine erhebliche und nach den Umständen nicht vermeidbare Überschreitung der in den einzelnen Selbstbehalten enthaltenen angeführten Wohnkosten dargelegt, erhöht sich der Selbstbehalt. Wird die Wohnung von mehreren Personen genutzt, ist der Wohnkostenanteil des Pflichtigen festzustellen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung in der Regel nach Köpfen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen. Besteht für den Verpflichteten ein Anspruch auf Wohngeld, ist dieser wohnkostenmindernd zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.3).
Quelle: Unterhaltsrechtliche Leitlinien
Zusammenleben mit einem Partner beim Mangelfall
Beim Zusammenleben mit einem leistungsfähigen Partner kann der Selbstbehalt wegen ersparter Aufwendungen reduziert werden, wobei die Ersparnis des Unterhaltspflichtigen im Regelfall mit 10% angesetzt werden kann (vgl. BGH vom 09.01.2008, Az. XII ZR 170/05, FamRZ 2008, 598 sowie Rz. 21.5.3 der Unterhaltsrechtlichen Leitlinien).
Beim Unterhaltspflichtigen ist der Selbstbehalt in Höhe der Ersparnis herabzusetzen (Oberlandesgericht Celle vom 22.01.1998, Az. 12 UF 223/97, FamRZ 1998, 1614).
Ist der Unterhaltspflichtige wieder verheiratet und ist sein eigener Unterhalt durch das Einkommen des Ehepartners gesichert, muss er sich sein eigenes Einkommen auch über den Selbstbehalt hinaus zur Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen und volljährigen Kindern verwenden (BGH vom 19.11.1997, Az. XII ZR 1/96, FamRZ 1998, 286).
Alternative zum Residenzmodell
Die gesetzliche Regelung des Residenzmodells ist so lange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. An dem Schwergewicht der Betreuung ändert sich erst einmal nichts, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil seinerseits Betreuungs- und Versorgungsleistungen erbringt. Dies gilt auch, wenn dies im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommene Umgangsrecht hinausgeht und dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert (BGH vom 11.01.2017, Az. XII ZB 565/15, FamRZ 2017, 437). Sofern der andere Elternteil weiterhin die Hauptverantwortung für das Kind trägt, gilt die Annahme des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB (s.o.) weiterhin als erfüllt.
Nach der richtungsweisenden Grundsatzentscheidung des BGH (Urteile vom 01.02.2017, Az. XII XB 601/15, FamRZ 2017, 532 und vom 11.01.2017, Az. XII XB 565/15, FamRZ 2017, 437) ist das Wechselmodell anzuordnen, wenn die geteilte Betreuung durch beide Eltern im Vergleich mit andern Betreuungsmodellen dem Kindeswohl im konkreten Fall am besten entspricht. Die Eltern müssen im Wechselmodell mit im Wesentlichen gleichen Betreuungsanteilen praktizieren, damit eine beiderseitige Barunterhaltspflicht besteht, wobei der Bedarf des Kindes ermittelt wird, in dem die Einkünfte der Eltern zusammengerechnet werden (BGH vom 28.02.2007, XII XR 161/04, FamRZ 2007, 708). Der Unterhaltsbedarf des Kindes umfasst auch die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (BGH 11.01.2017, Az. XII XB 565/15, FamRZ 2017, 437).
Das Wechselmodell
Meine Umfrage auf Instagram (@bonusmutter.de) ergab folgende Verteilung von Wechsel- und Residenzmodell:
Ich kenne einige Bonusmamas, die das Wechselmodell leben. Danach reisen die Kinder bspw. Dienstag nach der Schule an und bleiben dann eine Woche beim Vater. Am darauffolgenden Dienstag sind die Kinder dann für eine Woche bei der Mutter. Die Ferien werden ebenfalls hälftig geteilt. In diesen Fällen ist es meist unstrittig, dass beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes aufkommen.
Problematisch wird es aber meist, wenn die Aufteilung nicht genau bei 50-50 ist.
Der BGH (Urteil vom 28.02.2007, Az. XII XR 161/04, FamRZ 2007, 707) hat bei einem Betreuungsanteil der Mutter von 64% das deutliche Schwergewicht der Betreuung auf Seiten der Mutter gesehen, so dass der Vater barunterhaltspflichtig war. Der BGH entschied, dass es irrelevant sei, dass das Kind beim barunterhaltspflichtigen Elternteil verpflegt wird, solange die Verweildauer des Kindes beim Vater den zeitlichen Rahmen üblicher Umgangskontakte nur maßvoll (hier: um vier bis fünf Tage im Monat) überschreitet. Gleiches gilt für den Wohnbedarf in den Zeiten, in denen sich das Kind beim Vater befindet.
Gleiches hat der BGH auch entschieden, wenn die Kinder 6 von 14 Tage beim Vater lebten (43%). Der Anteil der Mutter lag somit bei 57%, so dass der Schwerpunkt der Betreuung weiterhin bei der Mutter lag und ihr somit der Anspruch auf Barunterhalt zustand (Beschluss des BGH vom 05.11.2014, Az. XII ZB 599/13, FamRZ 2015, 236).
Kürzung des Barunterhalts
Der BGH (Az. XII ZB 234/13, FamRZ 2000, 1492) hat mit Urteil vom 12.03.2014 entschieden, dass der Barunterhalt gekürzt werden kann, wenn der barunterhaltsverpflichtete Elternteil im Zuge eines erweiterten Umgangsrechts Leistungen erbringt, mit denen er den Unterhaltsbedarf des Kindes auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente zweitweise deckt.
Zu entscheiden hatte der BGH über den Fall, dass das Kind sich an jedem zweiten Wochenende von Freitag bis Sonntag und darüber hinaus an zwei Tagen in der Woche beim Unterhaltsverpflichteten (hier: dem Vater) aufhalten sollte. Bezogen auf einen Zeitraum von vierzehn Tagen wurde das Kind somit an sieben vollen (!) Tagen allein von der Kindesmutter betreut. An den anderen sieben Tagen sollte zwar Kontakt zum Kindsvater stattfinden; nach dem vereinbarten Umgangsschema war allerdings nur am Samstag des Besuchswochenendes eine ganztägige Betreuung durch den Antragsgegner gewährleistet. Im Übrigen hielt sich das Kind entweder morgens oder abends noch im Haushalt der Kindesmutter auf.
Der BGH entschied, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für ein Wechselmodell nicht gegeben seien und der Schwerpunkt der Betreuung weiterhin bei der Mutter läge. Jedoch stellte er fest, dass für den Fall, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil ein weit über das übliche Maß hinaus gehendes Umgangsrecht wahrnimmt, dessen Ausgestaltung sich bereits einer Mitbetreuung annähert, der Barunterhaltsbedarf unter Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle zu bestimmen sein kann. Voraussetzung dafür ist, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente teilweise gedeckt wird (§ 1612 Abs. 2 BGB).
Eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der vom unterhaltspflichtigen Vater getragenen Aufwendungen schied ebenfalls aus. Das Gericht unterschied hierbei zweierlei Kosten:
- Kosten, die zu einer teilweisen Bedarfsdeckung führen
- Kosten, die reinen Mehraufwand für die Ausübung des Umgangsrechts darstellen und den anderen Elternteil nicht entlasten.
Die vom Kindsvater geltend gemachten Aufwendungen für das Vorhalten eines Kinderzimmers in seiner Wohnung und für die zusätzlichen Fahrkosten führten nicht zu einer teilweisen Bedarfsdeckung. Der besondere Wohnbedarf des Kindes beim Vater mindere den Unterhaltsbedarf des Kindes nicht, denn in den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle seien nur die bei einem Elternteil anfallenden Wohnkosten enthalten.
Bereithalten von Wohnraum
Der BGH begründete die Unbeachtlichkeit der Kosten für das Bereithalten von Wohnraum zur Übernachtung von Kindern damit, dass es typischerweise angemessen und ausreichend sei, die Kinder in den Räumlichkeiten mit unterzubringen, die dem individuellen Wohnraumbedarf des Unterhaltspflichtigen entsprachen. (Anmerkung der Redaktion: Diese Aussage legt die Vermutung nahe, dass die das Urteil fällenden Richter sicherlich noch nie den Vorschlag gemacht machen, eine 14-Jährige Teenagerin auf einer Ausziehcouch im Wohnzimmer mit ihrem Bruder übernachten zu lassen. Schon auch nur die Aussage würde bei uns zu einem Drama ungeahnten Ausmaßes führen. Marc wies auch darauf hin, dass unsere Uschi, als sich die Kinder noch EIN Kinderzimmer teilen mussten, direkt wetterte: „Was? Ihr habt nicht mal eigene Zimmer bei Papa?“).
Die mit der Ausübung des Umgangsrechts verbundenen Fahrtkosten habe im Rahmen eines üblichen Umgangs grundsätzlich der nicht betreuende Elternteil zu tragen. (Anmerkung der Redaktion: Hier scheint der Bundesgerichtshof auch nicht zu unterscheiden, ob die Kindsmutter ihren Wohnsitz verlegt hat oder der Kindsvater. Abholen ist perse Papa’s Sache – so sieht es zumindest unsere Uschi, die auch selbst dann die Kinder nicht zu uns bringt, selbst wenn sie zwei Stunden später auf dem Weg zum Yoga-Retreat an unserer Haustür vorbeifährt. Stresst sie einfach zu sehr!).
Weiter im Urteil: Die Richter entschieden jedoch, dass der nach den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle ermittelte Unterhaltsbedarf (weitergehend) gemindert sein kann, wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil dem Kind Leistungen erbringt, mit denen er den Unterhaltsbedarf des Kindes auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente teilweise deckt (vgl. § 1612 Abs. 2 BGB). Der Senat habe in Bezug auf die Ausübung eines deutlich erweiterten Umgangsrechts bislang die Ansicht vertreten, dass auch die Verpflegung des Kindes während einiger weiterer Tage im Haushalt des umgangsberechtigten Elternteils nicht zu nennenswerten Ersparnissen auf Seiten des betreuenden Elternteils führe. Dies sei jedoch nicht ohne Kritik geblieben.
Leider hatte im vorliegenden Fall der unterhaltspflichtige Kindsvater die im Zuge des erweiterten Umgangsrechts durch ihn getragenen (Mehr-) Aufwendungen für die Verköstigung des Kinds noch etwaige Ersparnisse dargelegt, die dadurch im Haushalt der Kindsmutter entstanden sein könnten. (Anmerkung der Redaktion: Mir fiele hier neben den Verköstigungsaufwendungen, die bei zwei Jugendlichen schon beachtlich sein können, noch Aufwendungen für das 1-stündige Duschen des Teenagers sowie der kolossale Stromverbrauch aufgrund exzessiver Playstation- sowie Handynutzung ein – nicht zu reden von 24/7 angelassenem Licht etc.).
Es bleibt sicherlich mit Spannung zu erwarten, ob der BGH in Zukunft für den Unterhaltspflichtigen begünstigende Urteile fällt und die vom Barunterhaltsverpflichteten geleisteten Mehraufwendungen bei der Ermittlung der Höhe des Barunterhalts berücksichtigt.
Fazit
Festzuhalten bleibt, dass es aktuell zwei Modelle zur Betreuung von Trennungskindern gibt. Das gesetzlich vorgesehene Residenzmodell geht von der klassischen Rollenverteilung aus: einer betreut die Kinder, der andere zahlt. Der, der zahlt, kommt -insbesondere bei mehreren unterhaltsberechtigten Kindern - schnell an sein eigenes Existenzminimum.
Das alternativ zulässige Wechselmodell, das sicherlich der (denken wir auch hier in Klischees) stärker werdenden Rolle der Väter bei der Kindererziehung gerecht wird, ist insofern als relativ starr anzusehen, als nur eine nahezu exakte 50-50 Aufteilung zu einer tatsächlichen Entlastung von der Barunterhaltsverpflichtung beim Kindsvater führt. Eine Entlastung von der Barunterhaltsverpflichtung wäre sicherlich auch in 60-40-Fällen o.ä. durchaus sachgerecht.
Wie ist es bei Euch? Wie viel Unterhalt leistet Ihr bzw. der leibliche Elternteil? Findet Ihr die Regelungen gerecht? Was könnte verbessert werden und was läuft eindeutig schief? Welche Erfahrungen habt Ihr mit dem Thema gemacht und welche „kuriosen“ Ergebnisse habt Ihr in dem Bereich bereits erlebt? Gibt es bei Euch wegen des Themas Streit? Welche Emotionen kommen bei dem Thema bei Euch hoch?
Ich bin gespannt auf Eure Erlebnisse, Erkenntnisse und Anekdoten und freue mich über Eure Kommentare, Emails oder Anrufe.
P. S. Abonniert auch gerne meinen Newsletter, in dem es weitere interessante Infos und Buchtips rund um das Thema "Bonusmutter" gibt. Tragt dazu einfach unten in das Abo-Formular Eure Email-Adresse ein und Ihr werdet fortan auch über neue Blog-Artikel informiert. Auch werden hier Termine für ein Treffen zum Austausch der Bonusmütter/ Stiefmütter bekannt gegeben.
Comentarios